Dienstag, 13. August 2013

Eiskalter Winter mit wärmenden Umarmungen

Die letzten Wochen waren geprägt vom limeñischen Winter. Grau, kalt, feucht. Ungemütlich.
In den kommenden drei Wochen wird es genauso aussehen. Und in den Wochen danach ebenso, dann werde ich es nur nicht mehr miterleben. Anstatt dicken Alpakapullis und Socken hoffe ich auf schönen deutschen Spätsommer mit viel Sonne.
Ja, der Winter hier in Lima ist so eine Sache. Der graue Himmel und die ewige Kälte sind mit Sicherheit keine Stimmungsaufheller, im Gegenteil. Mit täglichen fünf Tassen Tee versucht man sich zu wärmen und die Strumpfhose unter der Jeans ist zumindest für mich fast obligatorisch. Denn Heizungen oder irgendwie auch nur annähernd warme Innenräume in Peru – Fehlanzeige. Es ist draußen kalt und drinnen kalt, morgens und mittags und abends und nachts sowieso. So tragen alle Leute rund um die Uhr und überall Schuhe und Jacke. Wäsche nimmt man klamm von der Leine, mehr wird da eh nicht trocken. Die Feuchtigkeit, die in der Luft hängt, geht bis auf die Knochen und da scheint eine schöne heiße Dusche der einzige Ausweg – insofern es nicht plötzlich nur noch kalten Wasser gibt. Was glücklicherweise nicht all zu oft passiert.
Da vermisst man doch ein klein wenig die gemütliche Wärme des Holzofens oder auch einfach nur die Sonne. Denn die lässt sich grundsätzlich überhaupt nicht mehr blicken. Die hat vor lauter stechend hellgrauen Himmel aber auch gar keinen Platz da oben.

Gut, das ist so ungefähr die winterliche Stimmung, die hier in Lima seit einigen Wochen herrscht und noch viele weitere Wochen weiter herrschen wird. Da kamen uns die Winterferien, die kurz vor dem 28. Juli, dem Unabhängigkeitstag und somit wichtigstem Nationalfeiertag des Landes, begonnen haben, gerade recht. So habe ich mir durch eine weiter kleine Reise in die Anden und den Dschungel die nötige Sonne verschafft und kurz vor Schluss noch ein wenig Abwechslung in den Arbeitsalltag bekommen.

Bevor die Ferien jedoch angefangen haben, war erst noch eine wichtige und anstrengende Zeit für meine Chicos – die Examenswoche. Auch in der zweiten und dritten Klasse werden hier viermal im Jahr Klausuren geschrieben, in jedem Fach eine, alle innerhalb weniger Tage. Das hieß also lernen, lernen, lernen. Zumindest hieß es das im letzten Jahr noch, mir erschien die Woche dieses Mal dann doch nicht so stressig. Ich hatte noch in Erinnerung, bis halb zehn mit den Jungs dagesessen zu sein um auch allen alles Wichtige irgendwie in den Kopf zu bekommen. Doch für diese Klausuren schien alles lockerer zu sein – wer weiß, wie sich das später noch auf die Noten auswirkt.
Ansonsten waren meine Arbeitstage vor den Ferien so wie viele andere Arbeitstage, es gibt nicht besonders viel Spannendes zu berichten. Ich habe nur in der letzten Zeit gemerkt, dass ich nicht mehr ganz so angespannt bin, bzw. alles eher ziemlich locker sehe gerade. Das heißt, wenn meine Jungs sich mal nicht ganz so verhalten, wie sie sollten, bin ich lange nicht mehr so schnell böse mit ihnen und mache eher selbst mit ihnen so viel Unsinn wie nur geht. Mir steht mit ihnen jetzt gerade viel mehr wieder der Spaß im Vordergrund als der Versuch, sie noch weiter mitzuerziehen.
Und diese Tatsache gefällt mir natürlich sehr. Ich merke immer wieder, wie sehr mir die Kleinen doch ans Herz gewachsen sind. Manchmal betrachte ich sie einfach nur und sehe sie in den alltäglichsten Situationen mit ihren Gesichtsausdrücken, die mir mittlerweile einfach so vertraut sind. Und dann muss ich lächeln und denke mir, ich liebe meine Jungs.
Ganz oft kommen sie auch einfach zu mir und geben mir eine Umarmung, manchmal auch ein Küsschen. Ganz oft geh ich einfach zu ihnen und umarme sie, geb ihnen ein Küsschen auf die Backe. Und wenn dann ein süßer kleiner Paúl einem jeden Abend beim Gute Nacht Sagen ein 'Te quiero' ins Ohr flüstert und einen intensiv drückt und nicht mehr loslassen möchte – dann möchte man sie eigentlich nicht verlassen müssen.

Doch genau da gegen kann nichts unternommen werden. Genau heute in schon drei Wochen befinde ich mich wieder auf deutschem Boden. Kann nach so langer Zeit endlich mal wieder all meine Lieben zu Hause in den Arm nehmen. So sehr ich so viele Dinge hier in Peru vermissen werde, so sehr freue ich mich auch auf so viele Dinge wieder in Deutschland.
Es ist schwer, diese zwiespältigen Gefühle zu beschreiben, man fühlt sich hin- und hergerissen. Ich weiß, dass ich die beiden Welten, in denen ich lebe, nicht vereinen kann. Und so muss ich eine aufgeben, um in die andere zurückkehren zu können. Auch wenn das nun vielleicht ein wenig melancholisch klingt – aber es ist ein wilder Gefühlswirrwarr, der nur noch intensiver wird, je näher der tatsächliche Abflug dann rückt.

Und der ist nun wirklich schon in weniger als drei Wochen – ich freue mich auf euch alle!


An dieser Stelle wollte ich mich noch einmal bei allen fleißigen Lesern oder wenigstens fleißigen Bilderanschauern bedanken - es wurde gerade die 10.000 bei den Besucherzählern geknackt! Coole Sache :) 

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