Die letzten Wochen waren geprägt vom
limeñischen Winter.
Grau, kalt, feucht. Ungemütlich.
In den kommenden
drei Wochen wird es genauso aussehen. Und in den Wochen danach
ebenso, dann werde ich es nur nicht mehr miterleben. Anstatt dicken
Alpakapullis und Socken hoffe ich auf schönen deutschen Spätsommer
mit viel Sonne.
Ja, der Winter hier
in Lima ist so eine Sache. Der graue Himmel und die ewige Kälte sind
mit Sicherheit keine Stimmungsaufheller, im Gegenteil. Mit täglichen
fünf Tassen Tee versucht man sich zu wärmen und die Strumpfhose
unter der Jeans ist zumindest für mich fast obligatorisch. Denn
Heizungen oder irgendwie auch nur annähernd warme Innenräume in
Peru – Fehlanzeige. Es ist draußen kalt und drinnen kalt, morgens
und mittags und abends und nachts sowieso. So tragen alle Leute rund
um die Uhr und überall Schuhe und Jacke. Wäsche nimmt man klamm von
der Leine, mehr wird da eh nicht trocken. Die Feuchtigkeit, die in
der Luft hängt, geht bis auf die Knochen und da scheint eine schöne
heiße Dusche der einzige Ausweg – insofern es nicht plötzlich nur
noch kalten Wasser gibt. Was glücklicherweise nicht all zu oft
passiert.
Da vermisst man doch
ein klein wenig die gemütliche Wärme des Holzofens oder auch
einfach nur die Sonne. Denn die lässt sich grundsätzlich überhaupt
nicht mehr blicken. Die hat vor lauter stechend hellgrauen Himmel
aber auch gar keinen Platz da oben.
Gut, das ist so
ungefähr die winterliche Stimmung, die hier in Lima seit einigen
Wochen herrscht und noch viele weitere Wochen weiter herrschen wird.
Da kamen uns die Winterferien, die kurz vor dem 28. Juli, dem
Unabhängigkeitstag und somit wichtigstem Nationalfeiertag des
Landes, begonnen haben, gerade recht. So habe ich mir durch eine
weiter kleine Reise in die Anden und den Dschungel die nötige Sonne
verschafft und kurz vor Schluss noch ein wenig Abwechslung in den
Arbeitsalltag bekommen.
Bevor die Ferien
jedoch angefangen haben, war erst noch eine wichtige und anstrengende
Zeit für meine Chicos – die Examenswoche. Auch in der zweiten und
dritten Klasse werden hier viermal im Jahr Klausuren geschrieben, in
jedem Fach eine, alle innerhalb weniger Tage. Das hieß also lernen,
lernen, lernen. Zumindest hieß es das im letzten Jahr noch, mir
erschien die Woche dieses Mal dann doch nicht so stressig. Ich hatte
noch in Erinnerung, bis halb zehn mit den Jungs dagesessen zu sein um
auch allen alles Wichtige irgendwie in den Kopf zu bekommen. Doch für
diese Klausuren schien alles lockerer zu sein – wer weiß, wie sich
das später noch auf die Noten auswirkt.
Ansonsten waren
meine Arbeitstage vor den Ferien so wie viele andere Arbeitstage, es
gibt nicht besonders viel Spannendes zu berichten. Ich habe nur in
der letzten Zeit gemerkt, dass ich nicht mehr ganz so angespannt bin,
bzw. alles eher ziemlich locker sehe gerade. Das heißt, wenn meine
Jungs sich mal nicht ganz so verhalten, wie sie sollten, bin ich
lange nicht mehr so schnell böse mit ihnen und mache eher selbst mit
ihnen so viel Unsinn wie nur geht. Mir steht mit ihnen jetzt gerade
viel mehr wieder der Spaß im Vordergrund als der Versuch, sie noch
weiter mitzuerziehen.
Und diese Tatsache
gefällt mir natürlich sehr. Ich merke immer wieder, wie sehr mir
die Kleinen doch ans Herz gewachsen sind. Manchmal betrachte ich sie
einfach nur und sehe sie in den alltäglichsten Situationen mit ihren
Gesichtsausdrücken, die mir mittlerweile einfach so vertraut sind.
Und dann muss ich lächeln und denke mir, ich liebe meine Jungs.
Ganz oft kommen sie
auch einfach zu mir und geben mir eine Umarmung, manchmal auch ein
Küsschen. Ganz oft geh ich einfach zu ihnen und umarme sie, geb
ihnen ein Küsschen auf die Backe. Und wenn dann ein süßer kleiner
Paúl einem jeden Abend beim Gute Nacht Sagen ein 'Te quiero' ins Ohr
flüstert und einen intensiv drückt und nicht mehr loslassen möchte
– dann möchte man sie eigentlich nicht verlassen müssen.
Doch genau da gegen
kann nichts unternommen werden. Genau heute in schon drei Wochen
befinde ich mich wieder auf deutschem Boden. Kann nach so langer Zeit
endlich mal wieder all meine Lieben zu Hause in den Arm nehmen. So
sehr ich so viele Dinge hier in Peru vermissen werde, so sehr freue
ich mich auch auf so viele Dinge wieder in Deutschland.
Es ist schwer, diese
zwiespältigen Gefühle zu beschreiben, man fühlt sich hin- und
hergerissen. Ich weiß, dass ich die beiden Welten, in denen ich
lebe, nicht vereinen kann. Und so muss ich eine aufgeben, um in die
andere zurückkehren zu können. Auch wenn das nun vielleicht ein
wenig melancholisch klingt – aber es ist ein wilder
Gefühlswirrwarr, der nur noch intensiver wird, je näher der
tatsächliche Abflug dann rückt.
Und der ist nun
wirklich schon in weniger als drei Wochen – ich freue mich auf euch
alle!
An dieser Stelle wollte ich mich noch einmal bei allen fleißigen Lesern oder wenigstens fleißigen Bilderanschauern bedanken - es wurde gerade die 10.000 bei den Besucherzählern geknackt! Coole Sache :)
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