Sonntag, 21. Juli 2013

Open-Air im tiefsten Winter - und sonstige Kleinigkeiten

Open-Air im tiefsten Winter – und dazu auch noch die Sicherheit, dass es auf gar keinen Fall regnen wird. Das ist wohl auch nur in Lima möglich.
Zwei sehr bekannte Latino-Sänger haben gestern im Nationalstadion gemeinsam ein Konzert gespielt. Juan Luis Guerra und Romeo Santos, beide aus der Dominikanischen Republik und mit einer großen Anzahl feinster Bachata-Lieder im Gepäck. Mal mehr, mal weniger typisch lateinamerikanische Liebesschnulzen, aber alle Lieder einfach nur total genial und wunderbar tanzbar.
Alle Ciudad-Freiwilligen, die gerade so da sind (wir sind gerade nur noch sieben Stück, es wird immer weniger...), haben sich gemeinsam auf den Weg dorthin gemacht. So hatten wir eine geniale Nacht zusammen und ein tolles Konzert mit viel Spaß und viel viel Tanz.


Gelernt vom letzten Mal (dieses Mal wussten wir, dass es draußen stattfinden wird), hatten wir uns natürlich entsprechend mehr Jacken angezogen. Aber da man es ja immer falsch macht, war dieses Konzert gar nicht so arg kalt wie das letzte – obwohl es mit Mitte Juli nun wirklich mitten im tiefsten Winter ist. Aber vielleicht war das Estadio Nacional auch etwas windschützender als der Platz von Reik und Jesse y Joy.
Mal das riesengroße Nationalstadion von Lima betreten zu können war auch eine coole Sache. Von Außen hatte ich es nun schon mehrmals gesehen, doch von Innen wirkt es noch einmal beeindruckender. Die obersten Ränge waren mal wieder so luxuriös, dass es zwar zu Lima, aber überhaupt nicht zu Peru passt.
Da wir keine mehreren hundert Soles für die vordersten Plätze ausgeben wollten, befanden wir uns wieder nur im hintersten Teil. Trotz der eher kleineren Größe der normalen Peruaner war dadurch die Sicht nicht die Beste – aber wir hatten ja uns und eine gute Stimmung, die alles wett gemacht hat.


Erwähnenswert wäre wohl auch noch die Taxifahrten hin und zurück, die wir zu siebt plus Fahrer auf uns genommen haben. Es war eng und unbequem, aber billiger. Und singend auf der Hinfahrt und schlafend auf der Rückfahrt auch irgendwie möglich.



Bevor es los zum Konzert ging, haben wir (zumindest ein Teil von uns) die Hauptzeit des Tages in der Küche verbracht. Puerto Rican Night war das Motto des Tages, da Lauras Familie aus Puerto Rico kommt (sie selbst aber aus den USA). Empanadillas und Alcapurrias standen auf dem Plan, dazu Guacamole und Ají. Empanadillas sind mit Fleisch oder Gemüse gefüllte Teigtaschen, die dann frittiert werden. Alcapurrias sind mit Fleisch gefüllte Kugeln aus einem Teig, der aus Kochbananen und Yautia (eine Wurzel) besteht.
Dafür wurde den ganzen Tag geschnippelt und gebraten geformt und später dann frittiert – das Ergebnis war mal wieder einfach nur lecker.



Nach so tollen gemeinsamen Erlebnissen merke ich immer wieder, wie wichtig mir doch meine freiwillige Familie hier geworden ist und wie sehr ich sie nicht missen möchte. Und doch rückt das Ende nun immer näher – es fehlen noch sechs kleine Wochen.
Gleichzeitig freue ich mich aber mittlerweile auch immer mehr auf die Heimat und alle lieben Leute, die mich dort erwarten. Es ist zwar sehr traurig hier gehen zu müssen, doch die Vorfreude auf deutsche Dinge, die einem ein Jahr lang nicht zugänglich waren, wächst auch.
Dazu kommt dann noch die Arbeit. Die letzten Tage war ich ein wenig krank, weswegen ich nicht so viel Zeit diese Woche im Pabellón verbracht habe. Am Freitag waren die Jungs dann mal wieder echt toll und haben begeistert mit mir Fotos gemacht und auch die Alabanza ist jedes Mal wieder schön. Doch es gibt auch sehr viele sehr anstrengende Momente an einem normalen Arbeitstag und wir Freiwilligen fühlen uns alle ziemlich ferienreif. Noch dreieinhalb Tage, dann ist das aber jetzt auch schon so weit. Die Winterferien stehen vor der Tür, gemeinsam mit dem Nationalfeiertag, für den schon seit Anfang Juli das ganzen Land (gut, ich weiß es eigentlich nur von Lima) in rot und weiß erblüht. Unmengen an Fahnen und Bannern und Schildern schmücken die ganze Stadt und alle paar Meter kann man irgendwo „Feliz Día Perú“ oder „Felices Fiestas Patrias“ lesen. Ich liebe es, wie stolz die Peruaner auf ihr Land sind.
Das wird hier nun eine bunte Mischung aus allem, aber zum Nationalfeiertag am 28. Juli gibt es auch noch eine kleine Geschichte aus der Ciudad zu erzählen. Es gibt hier diese Escarapelas, das sind Anstecknadeln mit der peruanischen Flagge oder einem Banner. Ein paar meiner Jungs haben die an ihrer Schuluniform getragen. In der ersten Juliwoche ging es dann wie jeden Morgen zur Schule und plötzlich gab es neue Regeln. Es ist nun nicht mehr nur Pflicht, seine Krawatte zu tragen und sein Hausaufgabenkalender dabei zu haben (ohne darf man nicht die Schule nicht betreten), auch die Escarapela gehört nun zur Pflichtausstattung dazu. Das hieß, das mehr als die Hälfte meiner Jungs vor dem Schuleingang stand und keine rot-weiße Anstecknadel hatten. Wegen so etwas wird ihnen der Zugang verwehrt, so ganz muss man das nicht verstehen. Nach und nach kamen dann die anderen Pabellons und die halbe Ciudad stand vor der Schule und durfte noch nicht eintreten. Währenddessen gingen verschiedenste Tutoren und Pre-Tutoren auf die Suche nach weiteren Escarapelas, einige meiner Jungs bekamen von ihren großen Brüdern welche zugesteckt und irgendwie schafften es dann bis zur letzten Minute doch noch alle, sich eine zu beschaffen um in die Schule zu dürfen. Ob das wichtiger ist als der Unterricht, bleibt hierbei natürlich offen...

Lima noch einmal von einer etwas anderen Seite habe ich bei unserem DRK-Juli-Monatstreffen kennen gelernt. Dieses fand bei Stella statt, die in Santa Rosa wohnt, das so weit nördlich wie nur möglich in Lima liegt. Dadurch bestand unser Treffen, das vom Verlassen der Ciudad bis zur Rückkehr dorthin insgesamt elf Stunden ging, auch aus sechseinhalb Stunden Reise in Bus, Moto und Auto und viereinhalb Stunden Quatschen, Essen und Besichtigen. Aber gut, das sind wir in Lima ja mittlerweile gewöhnt und ein „wir brauchen drei Stunden mit dem Bus, um Stella zu besuchen“ weckt zwar keine Freude, ist aber irgendwie normal geworden. Genauso wie auch ein „lass und mal in ein Café gehen am Sonntag“ stets mit jeweils einer Stunde Busfahrt hin und zurück verbunden ist.
Bei Stella befanden wir uns dann in einem Viertel, das Limas unglaublich unterschiedliche Facetten zeigt. Miraflores mit seinen Glashochhäusern und heilen geteerten Straßen, mein Viertel San Juan de Miraflores mit kaputten Straßen und vergitterten, eher weniger schönen kleinen Häusern und dann Santa Rosa/Pachacútec, das komplett nur aus Holzhütten mit Wellblechdächern besteht und einem Boden, der eher an Strand als Straße erinnert, da es einfach nur Sand gibt.


Stella arbeitet in einer Schule als Englischlehrerin (und macht viel mehr, als eine Freiwillige eigentlich tun sollte) und so haben wir natürlich ihre Schule besucht. Es war wirklich krass, das das komplette Gelände einfach nur aus einem großen Sandhaufen besteht. Ihre Kinder waren aber alle unglaublich süß und wir mussten in sämtliche Klassen gehen und wurden auf Deutsch begrüßt und verabschiedet, was Stella ihnen extra beigebracht hatte.


Ich habe zwar nicht so den Vergleich, da ich jetzt das erste Mal erst da war, doch an Stellas Schule sieht man sehr gut, wie sehr diese Stadtteile am Rande Limas in der Entwicklung sind. Über das letzte Jahr wurden dort eine Bibliothek eingerichtet, weitere Klassenzimmer und eine Kapelle gebaut und erst in den letzten Wochen wurde die Mauer um das ganze Gelände herum erbaut.
Bei ihrer Familie, die im besseren Teil von Santa Rosa wohnt und ein echt super schönes Haus besitzt, haben wir dann noch lecker Papa Rellena gegessen, bevor die lange Rückreise angetreten wurde. Richtig schön an diesem Viertel ist auch, dass es direkt am Meer liegt und Stella hat von ihrer Terrasse den tollsten Meerblick. Es war total neblig an diesem Tag, Winter in Lima, man konnte teilweise nicht mal hundert Meter weit sehen. Doch im Sommer muss es da oben total schön sein, abgesehen von den vielen hohen Sandbergen drumherum.


Das war dann auch schon unser vorletztes Treffen. Das nächste Mal, wenn wir uns alle zusammen sehen, wird dann schon das Abschieds-Monatstreffen sein.


Zum Abschluss an diesen Blogeintrag mit einer wilden Mischung an Themen gibts jetzt noch ein paar Fotos von meinen Kleinen :)

Bis bald mal wieder!  








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